Busunfall am Weinkaser, B 305 am 23.03.2002

von Andreas Gabriel, Einsatzleiter Feuerwehr und Jörg Teering, KFV Berchtesgadener Land

Unfallhergang

Am 23. März 2002 verunglückte ein dänischer Reisebus, besetzt mit 47 Urlaubern aus Skandinavien, auf der Bundesstraße B 305 von Weißbach an der Alpenstraße in Richtung Schneizlreuth, auf Höhe des sogenannten Weinkasers. Es handelt sich hierbei um eine ca. 1 km lange Verbindungsstrasse mit 11 % Gefälle zwischen der Deutschen Alpenstrasse und der B 21 (Deutsches Eck), mitten in gebirgigem Gelände. Bei schneeglatter Fahrbahn auf einer langen geraden Strecke rutschte der Bus zuerst nach links gegen eine Felswand und prallte gegen die Vermauerung eines Regenwassersammelschachtes. Durch die Wucht des Aufpralls wurde die Vorderachse des Busses teilweise herausgerissen. In der Folge schlingerte der Bus auf die rechte Fahrbahnseite und stürzte anschliessend rechts eine Böschung hinunter. Dabei kippte der Bus um und blieb nach ca. 10 Metern auf der Beifahrerseite, glücklicherweise gestoppt durch den dichten Jungbaumbewuchs, liegen. Ansonsten wäre ein Absturz in die ca. 50 Meter tiefer gelegene „Weissbachschlucht“ die Folge gewesen.

Wetter

Zum Unfallzeitpunkt herrschte eine Temperatur von -3 Grad Celsius. Am Vorabend hatte es geregnet, in der Nacht und am Morgen des Verkehrsunfalles ging der Regen dann in teilweise ergiebigen Schneefall über. Die lange Anfahrt und der Schneematsch auf der Straße behinderten die Einsatzkräfte beim Erreichen der Unfallstelle.
Ein glücklicher Umstand hierbei war ein Winterdienstfahrzeug des Strassenbauamtes, das sich in der Nähe im Einsatz befand. Dieser konnte im Verlauf die zweite Fahrspur immer wieder räumen und streuen, um wenigstens dort ein sicheres Befahren für die Einsatzkräfte zu ermöglichen.

Alarmierung

Um 07.58 Uhr erhielt die Einsatzzentrale der Feuerwehr Bad Reichenhall telefonisch von der Polizeiinspektion Bad Reichenhall die Information über einen Verkehrsunfall mit einem Reisebus auf der Bundesstraße B 305. Daraufhin erfolgte die Alarmierung Stufe 6 der Feuerwehren Bad Reichenhall mit dem Löschzug Karlstein, Schneizlreuth und Weißbach über Funkmeldeempfänger bzw. Sirene, von der Polizei wurde parallel dazu der Rettungsdienst verständigt.

Einsatzablauf

Aufgrund der ersten, unklaren Meldung rückte zunächst die FF Schneizlreuth mit LF 8 und MZF sowie die FF Weißbach mit TSF-W und MZF aus. Die Stützpunktwehr Bad Reichenhall entsandte zeitgleich den RW 2, LF 16/12, TLF 16, LF 8 (THL), MZF und den ELW. Während der Anfahrt erfolgte die erste Rückmeldung des BRK, dabei wurden mindestens 20 Verletzte gemeldet. Daraufhin wurde vom Stadtbrandinspektor unverzüglich der DEKON-Lkw (2 aufblasbare Zelte), GW-AST (Seilwinde) und die UG-ÖEL nachgefordert.
Ungefähr 15 Minuten nach der Alarmierung erreichten die ersten Fahrzeuge die Einsatzstelle. Zu diesem Zeitpunkt war vom Roten Kreuz bereits ein Notarzteinsatzfahrzeug NEF und ein Rettungswagen RTW vor Ort.
Nach der ersten Erkundung ergab sich folgende Lage:
20 Personen, die meisten nur sehr leicht bekleidet, konnten sich bereits selbständig auf die Straße retten. Sie waren leicht- bis mittelschwer verletzt. Im Bus selbst waren keine eingeklemmten Insassen. Durch den Absturz des Fahrzeugs waren sämtliche Sitzbänke herausgerissen worden, die Heck- und die Frontscheibe waren bereits zerstört. Nur dadurch war die Rettung der restlichen Personen möglich. Durch den dünnen Baumbewuchs, der den Bus vor einem weiteren Absturz in eine 50 Meter tiefe Schlucht schützte, war er aber relativ instabil.
Vom Einsatzleiter, SBI Gabriel, wurde drei Abschnitte gebildet: Personenrettung aus dem Bus, Versorgung und Abtransport sowie Sicherung des Busses.

Personenrettung

Um 08.07 Uhr erfolgte die erste Rückmeldung des RTW an die Rettungsleitstelle Traunstein mit 20 Verletzten, alle leicht- bis mittelschwer verletzt. Diese Meldung wurde nur sechs Minuten später erweitert, demnach waren 45 verletzte Personen, davon fünf schwer und 40 leicht- bis mittelschwer, zu versorgen. Zur Rettung der noch im Bus befindlichen Personen kamen zwei Steckleiterteile zum Einsatz, eine verletzte Person musste mit dem Schleifkorb gerettet werden. Zur Unterstützung des Rettungsdienstes wurden die Businsassen anfangs in Feuerwehrfahrzeuge und Privatautos untergebracht und teils von Privatleuten mit Tee versorgt. Durch die enge Straße, die in diesem Bereich nur zweispurig war, links durch eine Felswand und rechts durch den Abhang begrenzt, bildete sich relativ schnell ein Verkehrsstau. Bereits in der Anfangsphase wurde deshalb hoher Wert darauf gelegt, eine Fahrspur für die an- und abfahrenden Rettungskräfte freizuhalten. Zur weiteren Versorgung der Verletzten kamen nördlich und südlich der Unfallstelle zwei Schnelleinsatzzelte, unter anderem eines der Unterstützungsgruppe Örtliche Einsatzleitung UG-ÖEL, zum Einsatz. Hier wurden die Personen vom Notarzt gesichtet. Als schwierig stellten sich lediglich die sprachprobleme beim Registrieren der Personen heraus. Die ersten sechs Schwerverletzten wurden sehr zeitnah abtransportiert. Unverletzte und bereits wieder aus dem Krankenhaus entlassene leichtverletzte Personen wurden im Kreisverband des Roten Kreuzes nach Bad Reichenhall gebracht und dort im Lehrsaal vom Betreuungsdienst des Roten Kreuzes, bestehend aus Mitgliedern der Bereitschaften aus Teisendorf und Freilassing, versorgt. Zur psychologischen Betreuung wurde ein Kriseninterventionsteam des BRK (KIT), sowie 5 Notfallseelsorger aus Bad Reichenhall, hinzugezogen. Von hier wurde auch ein Reservebus organisiert.

Bergung

Nach dem Abtransport der Businsassen wurden zwei Kranwagen von privaten Unternehmen zur Bergung des Busses angefordert. Unterstützt wurden sie dabei von den zwei Seilwinden des RW´s und des Gerätewagen Atemschutz-Taucher GW-AST. Das Fahrzeug wurde auf einen Tieflader verladen und von der Polizei zur weiteren Untersuchung sichergestellt.

Einsatzende

Gegen 13.30 Uhr war die Fahrbahn wieder für den Verkehr befahrbar, die letzten Einsatzkräfte rückten gegen 14.30 Uhr, nachdem der sichergestellte Bus auf dem Gelände des TÜV abgeladen wurde, wieder in ihren Standort ein.

Eingesetzte Kräfte

FF Bad Reichenhall: 9 Fahrzeuge, 57 Mann
FF Schneizlreuth: 2 Fahrzeuge, 17 Mann
FF Weißbach: 2 Fahrzeuge, 14 Mann
Kreisbrandinspektion: 3 Mann
Rettungsdienst: Organisatorische Leiter BGL und TS, Leitender Notarzt, SEG's aus BGL und TS, 26 Fahrzeuge, 1 Rettungshubschrauber