Bergwaldbrand am Ristfeuchthorn
09.05. - 12.05.1987

Auszugsweise aus dem Bericht in der Brandwacht 6/88 von Peter Schlosser, Landratsamt Berchtesgadener Land

1. Brandgebiet

Der Brand brach am 09. Mai 1987 gegen 12.00 Uhr am Südhang des Ristfeuchthorns (Gipfelhöhe 1568 m ü. NN, Gemeindegebiet Schneizlreuth) in ca. 1000 m ü. NN an zwei verschiedenen Stellen gleichzeitig aus. Die Brandherde lagen in schwierigstem, steilem Gelände mit überwiegend Nadelholz- und bodenkriechenden Latschenbeständen. Der Bodenbewuchs an dieser Stelle hat insbesondere eine Schutzfunktion gegen Lawinenabgänge für die unterhalb vorbeiführenden Transitstraße B 21 Salzburg-Lofer zu erfüllen. Das Einsatzgebiet ist – außer mit dem Hubschrauber – nur zu Fuß (Anmarsch ca. zwei Stunden) zu erreichen. Im Einsatzgebiet gibt es nur vereinzelt kleine Rinnsale, die für die Wasserversorgung bedingt verwendbar sind.

2. Brandverlauf und Brandbekämpfung

Samstag, 09. Mai 1987

Gegen 12.14 Uhr erreichte die ständig erreichbare Einsatzzentrale der Freiwilligen Feuerwehr Bad Reichenhall die Mitteilung, dass am Ristfeuchthorn ein Waldbrand ausgebrochen sei. Sofort wurden nach Alarmplan, und zwar folgerichtig in Alarmstufe 3, die Feuerwehren Schneizlreuth, Weißbach, Bad Reichenhall und aus dem Nachbarland Österreich die Freiwillige Feuerwehr Unken alarmiert.

Um ca. 12.21 Uhr trafen die ersten Einsatzfahrzeuge ca. 400 Höhenmeter unterhalb der Brandstelle ein. Da keine erkennbare Wasserentnahmestelle bestand, wurden Einsatztrupps von 8-10 Mann mit der vorhandenen Waldbrand-Ausrüstung, z.B. Äxte, Schaufeln, Motorsägen usw. gebildet. Diese Trupps erhielten den Auftrag, sich zu Fuß zur Brandstelle zu begeben und mit der Brandbekämpfung zu beginnen.

Für die Verantwortlichen wurde jedoch schon in der ersten Lagebeurteilung erkennbar, dass die Brandbekämpfung eine langwierige und schwierige Angelegenheit würde. Als Ergebnis dieser Lagebesprechung wurde die folgenden Maßnahmen eingeleitet:

  1. Zur Unterstützung der vorhandenen Bodeneinsatzkräfte wurde die Freiwillige Feuerwehr Piding nachalarmiert.
  2. Zur Unterstützung der Bodeneinsatzkräfte wurden über die Einsatzzentrale der Freiwilligen Feuerwehr Bad Reichenhall zwei Hubschrauber der Polizeihubschrauberstaffel Bayern und ein Hubschrauber der Bundeswehr mit dem Ziel angefordert, die Löschmaßnahmen am Boden aus der Luft mit Löschwasser aus Außenlastbehältern massiv zu unterstützen.
  3. Zur Sicherung der Einsatzkräfte wurden die Bergwacht Bad Reichenhall und die Schnelleinsatzgruppen Freilassing und Berchtesgaden des BRK alarmiert.
  4. Zur Materialunterstützung wurde das Landesfeuerwehrkommando Salzburg um Bereitstellung seines Waldbrandbekämpfungssatzes gebeten.
  5. Zum Aufbau einer Einsatzleitung vor Ort erfolgte die Alarmierung der FüGr-TEL
  6. Der Sachbearbeiter für Brand- und Katastrophenschutz des Landratsamtes Berchtesgadener Land wurde alarmiert.
  7. Der Leiter des Forstamtes Bad Reichenhall und der Waldeigentümer wurden verständigt.
  8. Zur Unterstützung der zunächst ohne Wasser am Berg eingesetzten Einsatzkräfte entschloss sich der Einsatzleiter zum Aufbau einer Löschwasserförderung über lange Schlauchstrecken, die einen Höhenunterschied von ca. 400 m zu überwinden hatte.

Es versteht sich von selbst, dass diese umfangreichen Maßnahmen längere Zeit beanspruchten, bis sie abgeschlossen waren bzw. bis sie Wirkung zeigten. Mit viel organisatorischem Geschick gelang es, bis ca. 15.40 Uhr alle Maßnahmen soweit zu koordinieren, dass ab diesem Zeitpunkt die Löscharbeiten in vollem Gange waren. Schwierigkeiten bereitete insbesondere der Aufbau der Löschwasserförderung über lange Schlauchstrecken, der in dem sehr steilen Gelände äußerst zeitraubend und kraftanstrengend war und von den dabei eingesetzten Feuerwehrmännern die letzen Kraftreserven forderte.

Gegen 20.00 Uhr gelang es, den Brand einigermaßen einzudämmen und eine weitere Ausbreitung zu verhindern. In einer letzten Lagebesprechung am Abend wurden dann die Maßnahmen für den folgenden Tag festgelegt.

Sonntag, 10. Mai 1987

Gegen 7.30 Uhr wurden die Nachlöscharbeiten wieder aufgenommen. Sie wurde unterstützt von zwei Hubschraubern der Polizeihubschrauberstaffel Bayern und einem Hubschrauber der Bundeswehr. Sah es zuerst noch so aus, als ob die Nachlöscharbeiten bald erfolgreich abgeschlossen werden könnten, so musste gegen 9.00 Uhr leider doch festgestellt werden, dass plötzlich aufkommender starker Fönwind aus SO (Windstärke 3-4) das Feuer erneut rasch ausbreiten und außer Kontrolle geraten ließ. Nun galt es rasch zu handeln nach der Devise: „klotzen und nicht kleckern“! Zunächst wurden weitere Freiwillige Feuerwehren des Landkreises alarmiert. In Absprache mit dem Sachbearbeiter für Brand- und Katastrophenschutz des Landratsamtes wurden weiter Hubschrauber mit Löschwasser-Außenlastbehältern angefordert.

Die nun angelaufenen Einsatzmaßnahmen gestalteten sich äußerst schwierig. Die Brandherde waren in dem teilweise terrassenartigen Felsmassiv mit teilweise bis zu 100 m hohen Steilwänden nur von ortskundigen, bergerfahrenen Feuerwehr- und Bergwachtmännern in teilweise lebensgefährlichem Aufstieg und zum Teil nur durch Abseilen zu erreichen.

Trotz des Einsatzes von mehr als 150 Feuerwehr- und Bergwachtmännern sowie Forstbeamten und trotz des intensiven Einsatzes der sieben Hubschrauber – sie brachten zusammen am Nachmittag in einer Umlaufperiode (Wasseraufnahme, Anflug, Abregnen, Abflug) ca. 6500 l Löschwasser auf den Berg – zeigte sich, dass die verfügbare Löschwassermenge zu gering war, um eine Brandausbreitung wirksam verhindern zu können. Außerdem bestand für die Löschmannschaften ständig erhebliche Gefahr durch Steinschlag und die Gefahr, durch das Feuer eingeschlossen oder vom Rückweg abgeschnitten zu werden. Erst eine Drehung des Windes gegen 18.00 Uhr und einsetzender Regen gegen 20.00 Uhr brachte die Erlösung für die an diesem Tag arg strapazierten Einsatzkräfte.

Montag, 11. und Dienstag, 12. Mai 1987

Brachte der am Vorabend gefallene Regen eine gewisse Entspannung der Lage, so mussten doch bei einer Erkundung gegen 4.30 Uhr am Montag im gesamten Brandgebiet noch etliche Glutnester festgestellt werden, die für die kommenden Tage noch umfangreiche Nachlöscharbeiten erwarten ließen.

In einer weiteren Lagebesprechung, an der auch Vertreter des Bayerischen Staatsministeriums des Innern und der Leiter des Bayerischen Landesamtes für Brand- und Katastrophenschutz teilnahmen, wurde entschieden, die Nachlöscharbeiten mit massivem personellen und materiellen Aufwand durchzuführen, mit dem Ziel, ein nochmaliges Aufflammen zum Vollfeuer und eine weitere Brandausdehnung sicher zu verhindern und das endgültige „Feuer aus“ zu erreichen. Zu diesen Nachlöscharbeiten wurden wiederum eine große Zahl von Feuerwehr- und Bergwachtmännern sowie insgesamt fünf Hubschrauber von Polizei und Bundeswehr mit Löschwasser-Außenlastbehältern eingesetzt.

Erst mit der am Abend des 12. Mai 1987 einsetzenden Schlechtwetterperiode und den damit verbundenen ergiebigen Regenfällen wurden die ebenso gefährlichen wie überaus kräftezehrenden Anstrengungen durch die erlösende Meldung „Feuer aus“ belohnt.

Eine alte Erkenntnis bestätigte sich auch bei diesem Einsatz wieder, dass nämlich ein Bergwaldbrand in aller Regel nicht an einem Tag zu löschen ist.